Warum Kastrationen so wichtig sind
Ein Schwerpunkt von Tierschutzarbeit liegt darin, möglichst viele Straßen- und Tierheimtiere zu kastrieren. Hier erfahrt Ihr, warum Kastrationen so wichtig sind, welche Voraussetzungen vor dem Eingriff erfüllt sein müssen.
Unkastrierte Tiere und die Folgen
Tierschutzvereine sehen sich täglich mit den Folgen von fehlenden Kastrationen konfrontiert. Ganzjährig werden zahllose Welpen und Kitten – manchmal auch mit den Muttertieren – in den Tierheimen abgegeben oder auf der Straße gefunden. Im Frühling sind es besonders viele – man spricht dann von der sogenannten Welpen- und Kittenschwemme.
Viele der Tierbabys sind körperlich in einer schlechten Verfassung. Unterernährung, Dehydration, Durchfall, Fieber und Krankheiten wie Parvovirose können für die schutzlosen Kleinen tödlich enden.
Wenn die Muttertiere selbst geschwächt und unterernährt sind, kriegt auch der Nachwuchs nicht ausreichend Nährstoffe über die wenige Muttermilch. Ein schlechter Start – in ein Leben, das als Straßenhund oder als Straßenkatze dauerhaft mit Gefahr, Hunger und Krankheit verbunden ist. In diese Situation wird der neue Nachwuchs hineingeboren und gibt das schwere Los irgendwann wiederum selbst an seine Nachkommen weiter – ein Teufelskreis, dessen Ergebnis die schätzungsweise Millionen Straßentiere in Europa sind.
Darum ist die Kastration von Hunden & Katzen im Tierschutz wichtig
Tierschutzvereine übernehmen Verantwortung
Ohne den Einsatz von Tierschutzvereinen direkt vor Ort wären die zahllosen Hunde- und Katzenbabys chancenlos. Die Organisationen kümmern sich darum, dass die Kleinen ärztlich untersucht und behandelt, geimpft, gechippt und nicht zuletzt kastriert werden, sobald sie geschlechtsreif sind.
Grundsätzlich wird jeder Vierbeiner, den die Tierschützer:innen sichern und in die Tierheime aufnehmen, kastriert, sofern er alt genug ist. Langfristig gilt es, noch mehr Menschen im Land selbst ausreichend dafür zu sensibilisieren, sowohl für Straßentiere als auch für das eigene Haustier Verantwortung zu übernehmen.
Achtlos entsorgt: Bekommt der eigene Vierbeiner Nachwuchs, ist es in vielen europäischen Ländern leider nicht unüblich, die Tierbabys auszusetzen. Durch Aufklärung wollen Tierschutzorganisationen die Haltung der Menschen gegenüber Tieren ändern. Mit Informationsständen an öffentlichen Orten informieren sie Passant:innen über die Wichtigkeit von Kastrationen.
Gleichzeitig bieten sie Tierhalter:innen an, ihre Hunde und Katzen im Rahmen von Kastrationsaktionen kostenlos zu kastrieren. Denn vielerorts ist es üblich, dass sich auch Haustiere von Besitzer:innen unbeaufsichtigt draußen aufhalten, was zur Folge hat, dass sie sich untereinander und mit den ansässigen Straßentieren paaren.
Fangen, kastrieren, freilassen
Neben den Tierheimtieren sowie Hunden und Katzen von Privatpersonen, die sich für die Kastrationsaktionen der Vereine anmelden können, werden an den Aktionstagen zudem auch möglichst viele Straßentiere eingefangen, kastriert und – wenn es die Situation vor Ort zulässt – nach der Kastration wieder freigelassen und in ihren Revieren versorgt. Dieses Vorgehen nennt man Trap-Neuter-Return (zu deutsch: fangen, kastrieren, freilassen).
Lässt man die Straßenhunde und Straßenkatzen nach der Kastration wieder in ihrem ursprünglichen Gebiet frei, stabilisiert sich die Anzahl der Tiere in dieser Region und sinkt langfristig. Mit dieser Methode der Wiederansiedlung wird vermieden, dass ein Überschuss an verfügbaren Ressourcen wie Nahrung entsteht, wodurch neue, unkastrierte Tiere aus der Umgebung angelockt werden würden.
Unverzichtbare Hilfsmittel bei Kastrationsaktionen für Straßenkatzen: Futter, das die Tiere anlockt, und Lebendfallen, um die Vierbeiner festzusetzen.
Ob dieses Vorgehen vertretbar ist, entscheiden Tierschutzorganisationen anhand verschiedener Faktoren. Manche Orte bergen zu große Risiken, wie Gefahren durch Hundefänger, Tötungsstationen und Straßenverkehr. Auch kommt nicht jedes Tier dafür infrage, nach der Kastration wieder guten Gewissens ausgesetzt zu werden. Ältere Vierbeiner oder solche mit Handicap sind bei den Tierschützer:innen besser aufgehoben.
Voraussetzungen für Kastrationen
Um Kastrationsprojekte realisieren zu können, sind medizinisches Zubehör wie Narkosemittel, Skalpelle, Verbandmaterial und hygienische Räumlichkeiten, wie eine Tierarztpraxis oder ein Kastrationsmobil, notwendig sowie ein Tierärzt:innen-Team und tiermedizinische Fachangestellte.
Viele Tierärzt:innen möchten persönlich einen Beitrag leisten und stellen dem Tierschutz ihre Expertise unentgeltlich zur Verfügung.
Zur Erleichterung von Tierschutzvereinen unterstützen die Expert:innen die Kastrationsaktionen häufig ehrenamtlich in ihrer Freizeit, sodass Personalkosten entfallen und allein die Materialkosten gestemmt werden müssen – jede Einsparung schont die Vereinskassen.
Ebenfalls Voraussetzung für den operativen Eingriff ist eine stabile, körperliche Verfassung der Tiere. Nach einem entbehrungsreichen Leben auf der Straße müssen die oftmals kranken und unterernährten Hunde und Katzen zunächst versorgt und aufgepäppelt werden, bevor sie kräftig genug sind für den Eingriff. Für die Erstversorgung und tägliche Fütterung der Vierbeiner sind Tierschutzvereine darum auf Futterspenden angewiesen.
Die Kosten einer Kastration
Die Kosten für eine Kastration durch Tierschutzvereine variieren in Europa von Land zu Land sowie auch innerhalb eines Landes in verschiedenen Regionen. Ob es sich bei dem Patienten um einen Hund, eine Hündin, einen Kater oder eine Katze handelt, spielt ebenfalls eine Rolle.
Die Beispiele Rumänien, Griechenland und Deutschland veranschaulichen die Unterschiede:
Hunde: Während es Tierschutzvereine in Rumänien bis zu 70 Euro kostet, einen Hund zu kastrieren, können sich die Kosten für den Eingriff in Griechenland auf bis zu 160 Euro und in Deutschland auf um die 450 Euro belaufen.
Katzen: Um die 175 Euro kann die Tierarztrechnung in Deutschland für die Kastration bei Katzen betragen. In Griechenland sind es bis zu 80 Euro, in Rumänien bis zu 50 Euro.
Um alle Voraussetzungen zu schaffen und Kastrationsaktionen umsetzen zu können, sind Tierschutzvereine auf Ehrenamtler:innen und Spenden angewiesen.
Finanzielle Förderungen für Kastrationen von Seiten der Länder stellen die Seltenheit dar. In einigen Ländern, darunter zum Beispiel Rumänien und Spanien, werden stattdessen überwiegend Tötungsstationen bezuschusst, um die zu hohe Anzahl von Straßentieren im Land zu regulieren.
Das ist jedoch nicht nur tierschutzwidrig, sondern führt zudem nachweislich nicht zu einer Reduktion der Vierbeiner. In anderen Ländern, so beispielsweise Italien, wird es Tierschutzorganisationen gesetzlich wiederum sogar erschwert, zu kastrieren. Kastrationen an Straßentieren dürfen dort nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Gemeinde durchgeführt werden.
Jene Tierschutzorganisationen, die regelmäßig Kastrationsaktionen durchführen, berichten von einer deutlichen Verbesserung der Situation vor Ort. So führt der deutsche Tierschutzverein Arche Noah Transilvania zum Beispiel alle acht Wochen große Kastrationsaktionen durch, bei denen an jeweils einem Wochenende rund 100 Tiere kastriert werden können.
Eine weitere positive Folge zeige sich laut den Tierschützer:innen darin, dass in der unmittelbaren Nähe des Tierheims kaum noch Welpen zu finden seien – wenn dann nur, weil sie ausgesetzt würden, jedoch nicht durch die Vermehrung der Straßenhunde in ihrem Einsatzgebiet, da diese alle kastriert seien.
Auch die Entwicklung, dass manche der örtlichen Behörden die Aktionen der Tierschutzvereine unterstützen, ist ein Zeichen für die steigende Offenheit der einheimischen Menschen gegenüber Kastrationen.
So lange Tierschutzorganisationen in Europa von Spenden abhängig sind, weil sie von Seiten der Länder zu wenig oder keine Hilfe erhalten, möchten wir gemeinsam mit Menschen wie Euch unseren Beitrag leisten.
Projekte und Maßnahmen zu unterstützen, die die Situation von Straßen- und Tierheimtieren langfristig und dauerhaft verbessern, bildet den Eckpfeiler unserer Tierschutzarbeit.
Ein großes gemeinsames Ziel ist es, dass die Straßen in Europa eines Tages frei sind von notleidenden Hunden und Katzen, die in Niemandes Obhut stehen.
Wir wünschen uns von der europäischen Politik, endlich einen ethisch vertretbaren Weg zur Reduktion der hohen Anzahl von Straßentieren einzuschlagen. Statt für Tötungsstationen sollten notwendige Finanzierungen für flächendeckende Kastrationen bereitgestellt werden. Nur so können wir die Straßentierproblematik in Europa gemeinsam in den Griff kriegen.
Quelle/Verfasst von: Hannah Kuck (VETO Magazin)
Hier könnt Ihr die Kastrationsaktionen unterstützen: